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Aromapflege im Hospiz – mehr als ein Dufterlebnis
Eigentlich von der Parfümindustrie ersonnen, ist der Weltdufttag am 27. Juni ein guter Anlass, um über die gesundheitliche Wirkung von Düften, speziell Aromaölen, zu informieren.
Im Diakonie Hospiz Woltersdorf können die Hospizgäste eine Anwendung mit Aromaölen erhalten. Die Aromapflege ist ein essentieller Bestandteil in der Versorgung sterbender Menschen. Wie sie auf Körper und Seele wirkt, worauf es bei der Auswahl der Düfte ankommt und warum dabei die Berührung bedeutend ist, erläutern die Palliativpflegekräfte Nancy Heidel und Peggi Zillmann.
Aromapflege steht für ein Arbeiten mit naturreinen Aromaölen, um deren Wirkung auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene erfahrbar zu machen. Es geht dabei aber nicht nur um den Geruch, sondern auch um die nachweisliche Kraft der Natur, dem Körper auf allen Ebenen etwas Gutes zu tun.
Die klassische Pflege orientiert sich an der Schulmedizin während in der komplementären Pflege als ergänzendes Pflegeverfahren Auflagen, Wickel und Aromapflege zum Einsatz kommen. Die Aromapflege erreicht den ganzen Menschen auf eine wertschätzende und Zuversicht spendende Art und Weise. Neben einer körperlichen Wirkung haben Aromaöle immer eine seelisch wirkende Eigenschaft. So wirken Zitrusdüfte wie Orange und Mandarine stimmungsaufhellend und belebend. Düfte aus Wurzeln und Rinden wie Tanne und Weihrauch wirken dagegen erdend und zentrierend und helfen, den Kopf frei zu bekommen.
Um die Wirkung von Aromaölen besser verstehen zu können, muss man sich kurz mit dem Geruchsgedächtnis beschäftigen. Gerüche nimmt jeder Mensch wahr. Bereits im Mutterleib sammelt jeder erste Erfahrungen damit. Im Gehirn werden die einzelnen Gerüche immer mit Emotionen verknüpft und abgespeichert. Das geschieht ganz unwillkürlich. Im Laufe unseres Lebens kommen wir mit vielen Düften in Kontakt. Je nach Erfahrung und den damit verbundenen Emotionen beeinflusst dies unseren persönlichen Geschmack von wohlriechenden oder abschreckenden Gerüchen. So entsteht für jeden Menschen sein eigenes Geruchsgedächtnis.
Positive und negative Assoziationen bei Gerüchen
Nehmen wir zum Beispiel den Geruch von Feuer oder Rauch. Die meisten von uns werden ein Gefühl von Gefahr und Angst wahrnehmen. Das ist durchaus sinnvoll, denn es veranlasst uns dazu, den Ort der Gefahr zu verlassen.
Lavendel ruft ganz unterschiedliche Gefühle hervor. Die einen erinnert Lavendel an Lavendelfelder in der Provence. Damit werden meist positive Emotionen verknüpft sein wie zum Beispiel Ruhe, Entspannung, Urlaubsgefühle und Freude. Also wird der Duft als angenehm empfunden. Jemand, der aber im Sommer immer bei seiner ungeliebten Oma die Ferien verbringen musste und deren Kleiderschränke mit nach Lavendel duftenden Mottenkugeln gespickt waren, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eher negativ behaftete Emotionen an diesen Geruch geknüpft haben und diesen also als unangenehm empfinden.
Persönliche Vorlieben bei Aromapflege berücksichtigen
Deshalb muss bei Anwendungen von Aromaölen ganz besonders auf die persönlichen Vorlieben und Abneigungen geachtet werden. Ein angenehm duftendes Öl, das ein Gast mag, wirkt schon intensiver, weil es das persönliche Wohlbefinden steigert.
Aromaöle sind in der Lage einen Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen. Sie helfen bei körperlichen Symptomen wie Schmerzen, Juckreiz und Übelkeit. Aber sie können auch auf der seelischen Ebene bei Traurigkeit, Angst und Unruhe sehr gute Begleiter sein, um Vertrauen und Zuversicht zu spenden. Dem Körper wird mit sanften Heilmitteln ein „Angebot“ gemacht, und er verarbeitet sie so, wie sie ihm in dem jeweiligen Moment am besten tun. Alle Beteiligten, ob Gast, Pflegekraft oder Angehörige, profitieren von der positiven Wirkung des eingesetzten Öls.
Im Hospiz ist ein Arbeiten mit Aromaölen ein essentieller Bestandteil der palliativen Versorgung und kann auf sehr unterschiedliche Arten zum Einsatz kommen. Ein sehr unterschwelliges Angebot wäre zum Beispiel, einen Duftschmetterling im Zimmer aufzuhängen. Er besteht aus mit Aromaöl beträufelter Heilwolle. Hierbei wird der Duft über die Nase aufgenommen und kann seine Wirkung entfalten. Ein ähnliches Verfahren bietet auch die Benutzung von Diffusoren oder Verneblern.
Aromaöle können aber auch als Fuß- oder Wannenbad direkt über die Haut und die Nase aufgenommen werden. Ihre unzähligen biochemischen Bestandteile verteilen sich dann über die Blutbahn im Körper und stimulieren körpereigene Botenstoffe wie Adrenalin, Serotonin und Endorphine, die dann körperliche Reaktionen hervorrufen. So kann ein Duft körperlich schmerzlindernd wirken.
Bei punktuellen Anwendungen am Körper arbeiten wir gerne mit Auflagen oder Wickeln. Durch Wärme können die Öle ihre Wirkung häufig sogar noch verstärken.
Um einen Menschen ganzheitlich zu pflegen, darf die sanfte Berührung nicht außer Acht gelassen werden. Wir alle sind auf Berührung unserer Mitmenschen angewiesen, um uns als Mensch zu fühlen und seelisch gesund zu bleiben. Häufig erleben wir den Mangel an Berührung bei kranken Menschen: Aus Scheu, Angst oder Hilflosigkeit bleiben den Erkrankten Berührungen durch Angehörige verwehrt.
Bei Teil- oder Ganzkörperwaschungen mit Aromaölen sowie Ausstreichungen erfährt der Gast wieder eine heilende und wohltuende Form von Berührung. Es wird darauf Wert gelegt, dass diese Berührungen mit Hautkontakt (also ohne Handschuhe) stattfinden, um den positiven Effekt zu verstärken. Auch das Ambiente wird bei einer Anwendung in den Fokus gerückt. Über Kerzenschein und entspannende Musik schafft man einen Ort, an dem das Loslassen und sich Wohlfühlen einfacher fällt.
Die Aromapflege ist ein sehr komplexes Themengebiet und wirkt auf allen Ebenen, die einem Menschen inneres Gleichgewicht schenken. Unsere Gäste können aber immer nur da abgeholt werden, wo sie selbst stehen, körperlich wie auch seelisch.